Was braucht so ein Esel?
Zuallererst: die Gesellschaft von anderen Eseln!
Wenn sich ein Esel wohl fühlen soll, braucht er eselige Gefährten, und zwar mindestens einen. Alles andere ist nicht nur tierschutzwidrig, sondern quälerisch, denn Esel sind enorm soziale Gesellen.
Außerdem sind Esel Wüstentiere. Sie brauchen es daher vor allen Dingen so, um gesund zu bleiben: trocken, hart, mager!
So sieht es an unserer Bergstraße nicht aus... Anders gesagt: Eselhaltung ist in unserer grünen Landschaft eine Herausforderung, denn eigentlich sind Esel für unsere Gegend Exoten (anders als Pferde, die ursprünglich aus Grasebenen stammen). Der Aufenthalt auf einer saftigen Weide ist also für Pferde total ok, aber für Esel der sichere Einstieg in die Krankheit, denn jeder Bissen wirkt wie ein Happen Sahnetorte. Und das bei einem Tier, das noch schlechter abnimmt als Katzen (oder Menschen ;-).
Und: Sie brauchen Platz und Abwechslung, um ein zufriedenes Eselleben führen, ihr aufgeschlossenes konktaktfreudiges Wesen behalten und ihre entspannende Gelassenheit verströmen zu können.
Für die Haltung bedeutet das einen erheblichen Aufwand, wenn man Esel in unserer Gegend gesund und zufrieden halten möchte. Und das ist mein Ziel!
Erfahren Sie hier mehr über ein paar Details:
Ursprünglich kommen Esel aus den gerölligen Gebirgswüsten Nordafrikas.
Das heißt: Esel sind Wüstentiere - und damit für unsere Verhältnisse Exoten. Weshalb sie NICHT wie kleine Pferde mit großen Ohren gehalten werden dürfen. Das Anspruchsvolle besteht darin, sie so karg wie möglich zu halten, ihnen gleichzeitig immer etwas zum Fressen anzubieten, OHNE dass sie dabei zunehmen.
Eigentlich würden Esel am Tag viele Kilometer laufen, um überhaupt etwas Essbares zu finden. Und das wäre dann im wahrsten Sinne des Wortes harte Kost: vertrocknetes Gras, aber vor allem Äste. Ihr Stoffwechsel hat sich darauf eingestellt und produziert permanent Magensäure. Die muss beschäftigt werden, damit es nicht zur Kolik kommt.
Im deutschen Stall braucht/kann der Esel nicht lange für sein Futter laufen, es kommt per Lieferservice vor die Nase. Heu hat - aus Sicht des Esels - schon viel Kalorien, Gras wäre Sahnetorte pur (vom Zuckergehalt von Karotten oder Äpfeln ganz zu schweigen). Wie kann man einem Esel also dauerhaft etwas zum Knabbern anbieten, ohne dass er zunimmt?
Dass das schwer ist bzw. viel Arbeit bedeutet, erkennt man leicht daran, dass die meisten Esel, die Sie in Deutschland zu sehen bekommen, verfettet sind.
Wie ich die Herausforderung zu lösen versuche, lesen Sie unter “Futter” und “Hufpflege”.
Esel sind Wüstentiere.
Dh. ihr Organismus ist darauf ausgerichtet, in trockenen, kargen bis lebensfeindlichen Umgebungen noch aus dem letzten Bisschen etwas an Energie zu gewinnen. Ihr Stoffwechsel hat sich also auf kalorienarme, rauhfaserreiche bis hin zu stachliger Kost in kleinen Portionen spezialisiert.
Und das innere Programm eines Esels lautet: ‘Friss, solange etwas da ist, die schlechten Zeiten kommen bestimmt!’ Sie sind also eher Dauerfresser…
Daher werden Menschen auch immer gerne angebettelt, als ob das aaarme Eselchen heute noch gaaar nichts bekommen hätte. Geben Sie nicht nach! Wenn Sie meinen, den Esel ‘retten’ zu müssen, dann fragen Sie bitte erst beim Besitzer nach oder/und rufen beim Veterinäramt an, damit sich Profis drum kümmern. Die Gefahr, dass Sie richtig was falsch machen, ist sehr groß, denn wahrscheinlich kennen Sie sich maximal mit Pferden, aber nicht mit Eseln aus. (Und auch Pferde sollten nur von ihren Besitzern gefüttert werden.)
Weidegang auf grünem Gras (anders gesagt: ein Ausflug ins Zuckerparadies) ist also nur zeitweise und streng geregelt erlaubt, damit die Esel nicht krank werden.
Ein gesunder Esel sieht aus wie ein etwas zu mageres Pferd (die Rippen dürfen bei einem Esel etwas sichtbar sein - beim Pferd ist das anders!). Die verfetteten Esel auf unseren Weiden sind für uns nur normal, weil wir in der Regel nichts anderes zu sehen bekommen. Es ist nämlich eine ziemliche Herausforderung, einem Tier im Dauerfressmodus immer etwas anzubieten, ohne dass es zunimmt. Und das sieht bei mir so aus:
- Morgens und abends eine Mischung aus Heu und Stroh im Heunetz - abgewogen, damit es nicht zu viel wird (1,5-2 kg Heu pro 100 kg Körpergewicht, je nach Auslastung)
- mittags: Äste von Weide, Esche, Birke, Buche, Haselnuss oder Steinobst (ohne Fruchtkörper natürlich)
- frisches Wasser: zur freien Verfügung
- jahreszeitenabhängig wechselnd: Mineralfutter, Bierhefe fürs Fell, Leberkur
- nie: 'Leckerli'
Wo bleibt da der Klassiker: die Möhre?
Möhren/ Karotten haben viel Kalorien, sie schmecken selbst für uns Menschen süß. Für einen Esel, der nicht arbeitet und nur spazieren geht, wäre das zu viel. Bekommen sie bei mir also nur, wenn der Tierarzt kommt: in Scheiben geschnitten und einzeln gefüttert, damit der Tierarzt auch mit etwas Nettem in Verbindung gebracht wird.
Ich als Eselmama muss mir das extra Füttern also auch verkneifen. Natürlich mögen die Esel Karotten oder Äpfel, das macht sie aber nicht automatisch gesund für sie - genauso wenig wie Chips immer gesünder würden, je mehr ich davon esse… leider, leider.
Dass Esel den Ruf haben, “anspruchslos” zu sein, rührt daher, dass sie gute Futterverwerter sind: Esel sind in der Lage, ihr Futter bis zu 40% besser/intensiver zu verwerten als Pferde!* Sie können sogar aus Holz noch Kalorien ziehen! Darüber hinaus ist das ein Trugschluss. Esel leiden ‘bloß’ sehr still, sind gutmütig und tolerieren Quälereien viel zu lange.
*Entsprechend muss man alle Mengenangaben zu Medikamenten, die an Pferden ausgetestet wurden, entsprechend herunterrechnen, um Überdosierungen zu vermeiden!
Wer sich intensiv zur Eselhaltung informieren will, schaut am besten im Klassiker der Fachliteratur nach:
Marisa Hafner/ Judith Schmidt. Esel halten. 4. Auflage. Stuttgart: Ulmer Verlag 2020
Esel sind bekanntlich Wüstentiere. Eigentlich müssen sie also auf trockenen harten Böden laufen, um gesunde Hufverhältnisse zu haben.
Das heißt: Der Untergrund in unserer Gegend ist eigentlich immer viel zu feucht, selbst in für uns trockenen Zeiten. Deshalb entwickeln Esel bei uns schnell Hufpilz. Um das zu vermeiden gibt es bei mir folgende Routinen:
- die tägliche Routine (unabhängig von Wanderungen): Hufe auskratzen, mit Metallbürste restlos sauber reiben, mit Sonde die Eckstreben reinigen, abschließend desinfizieren. Wenn die Desinfektion getrocknet ist: noch einmal alle Hufe aufnehmen und mit Huffestiger oder (bei Löchern) mit Heilzement versorgen. Das macht bei 3 Eseln und 12 Hufen also 24 Hufbehandlungen am Tag. Nach der Wanderung: alles noch einmal, denn alle Steinchen müssen raus und die eventuell eingetretenen Löcher behandelt werden.
- die wöchentliche ‘große’ Hufpflege: einmal pro Woche kommt zur o.g. täglichen Routine das ‘große Besteck’. Dann schneide ich die Hufe aus und rasple selbst.
- alle 5 Wochen Profi-Hufpflege durch einen Hufpfleger mit Spezialisierung Esel: Gangbild, Hufstellung, Stellung der Gelenke zueinander und Spezialfälle bearbeiten - dafür braucht man einen Profi. Und deshalb kommt Julia alle 5 Wochen.
Ziemlich viel Aufwand? Stimmt!
“Aber in der Natur macht das doch auch keiner”? Auch das stimmt.
Braucht auch keiner, weil Esel da nicht nur den richtigen Untergrund hätten, sondern täglich auch viele Kilometer liefen, und dabei automatisch immer hinter sich ließen, was ihre Verdauung so von sich gäbe. Es gäbe also nie die Situation, so lange auf einem Fleck zu stehen, dass man als Esel in die eigenen Exkremente tappen muss, die natürlich hufzersetzende Bakterien enthalten.
Auch die schönste Eseloase mit viel Freilauf, Sandbad etc. bleibt letztlich ein ‘Gefängnis’ und ist mit der natürlichen Umgebung nicht zu vergleichen. Also kümmert sich ein verantwortungsvoller Mensch eben darum, dass es den Eseln trotzdem gut geht.
Die Intensität der nötigen Hufpflege pro Tag war das, was mich bei der Eselhaltung am meisten überrascht hat.
Als Wüstentiere sind Esel gebaut für harten, trockenen Boden. Im Stall macht man das dann durch z.B. Steinplatten und Sandflächen nach: gut zu reinigen und zu desinfizieren mit naturnahem Abrieb für die Hufe. Die Liegeflächen werden entsprechend kälteisolierend gestaltet.
Wenn Sie also einen “armen Esel” auf einer kargen Fläche stehen sehen und daneben ist die grüne Weide - dann kennt sich der Besitzer mit Eselhaltung aus (siehe auch: “Futter”) und achtet auf die Gesundheit seiner Tiere. Es ist eben ein Wüstentier, und davon leitet sich alles andere ab.
Esel sind nicht wasserfest. Sie haben keine wasserabweisende Fettschicht auf dem Fell wie etwa Schafe, Kühe oder Pferde.
Vielleicht hat sich die Natur gedacht, sich den Regenschutz sparen zu können, weil in der Wüste so selten Regen fällt? … Das ist natürlich nur eine unbewiesene Vermutung.
Sicher dagegen ist, dass Esel stets einen Unterstand brauchen, weil sie eben Schutz vor Nässe und vor Zugluft brauchen. Ein Esel mit nassem Fell wird von allein kaujm mehr trocken und ist anfällig für eine Lungenentzündung. Lungenentzündung ist Todesursache #1 in Deutschland für Esel, erst danach kommt die Verfettung (sog. Zivilisationskrankheit, die dann zum Tod oder zum Einschläfern führen).
Der Tierarzt kommt jährlich:
- zu den regelmäßigen Impfungen,
- zur Zahnpflege,
- immer dann, wenn jemand etwas über den Zaun geworfen hat und die Esel also etwas Falsches fressen und deshalb eine Kolik haben.
Da Esel einen anderen Stoffwechsel als Pferde sowie noch ein paar Besonderheiten haben und sie ihr Futter bis zu 40% intensiver verwerten als Pferde (und damit auch die Medikamentendosierung neu berechnet werden muss), braucht man einen Pferdetierarzt mit zusätzlichem Fachwissen zu Eseln.
Im Veterinärstudium wird kein Wissen zu Eseln vermittelt, da die wirtschaftlich relevanten Tierarzten dominieren. Es braucht also einen Pferdetierarzt mit extra Engagement zur persönlichen Weiterbildung. Und meine Esel haben Glück, dass sie von genau solchen Menschen betreut werden!
Stella, Diego und Coralie werden 3x täglich versorgt. Bei den Morgen- und Abendrunden bekommt die Eselmama inzwischen Unterstützung von einem tollen Eselhelfer-Team, denn eine gute Pflege 24/7/365 sicherzustellen, und das für die nächsten 20 Jahre, die meine drei Langohren hoffentlich noch leben, würde ich schlicht nicht schaffen.
Ehemalige Gäste und andere Interessierte haben sich gefunden und engagieren sich, in dem sie einen Dienst pro Woche regelmäßig übernehmen (die Morgen- oder die Abendrunde, die Mittagsrunde mache immer ich). Dazu gehört Stall misten, füttern, Futter vorbereiten sowie - wer mag - Hufpflege. Und danach gemeinsam abhängen, bürsten oder entspannen. So kommt es, dass ich inzwischen nicht mehr täglich 3x, sondern nur 1-2 Mal pro Tag bei den Eseln bin. Und auch mal in den Urlaub fahren kann!
Willst auch Du auch Esel-Team gehören und Zeit mit Stella, Diego und Coralie verbringen? Dann melde Dich gerne bei mir!
Meine Esel sollen ein angenehm abwechslungsreiches Leben mit ausreichend Bewegung haben. Dafür mache ich die Eselwanderungen und die Eselkuschelzeit. Denn allein kann ich mit ihnen nicht unterwegs sein (das wäre angesichts von manchen Radfahrern oder frei laufenden Hunden zu gefährlich). Außerdem lerne ich so nette neue Eselfans kennen.
Außerdem setze ich meine Tiere in tiergestützten Coachings, Teamentwicklungen oder Eseltherapie ein (siehe www.eselsbruecke.eu).
Diese Aktivitäten sind für Stella, Diego und Coralie bereichernd, und ich bin als Eselmama immer dabei, so dass sich Tier wie Mensch immer sicher und wohl fühlen.
Meine Esel sollen ein angenehm abwechslungsreiches Leben mit ausreichend Bewegung haben.
Ich habe herausgefunden, dass meine Esel es als Abwechslung und Bereicherung erleben, wenn sie 3 x pro Woche, in Ausnahmen maximal 4 x Besuch pro Woche zum Eselwandern bzw. zur Eselzeit bekommen. Dann scheint es ihnen tendenziell zu viel zu werden, sich auf neue Menschen einzulassen.
Also bleibt es bei dieser maximalen Anzahl. Was andererseits auch dazu führt, dass die Woche schnell “ausgebucht” sein kann. Das bedeutet dann eben nicht, dass sie jeden Tag arbeiten müssten, sondern einfach, dass die 3 Möglichkeiten vergeben sind.
Pro Tag erhalten Stella, Diego und Coralie 3x Besuch von ihrem ‘Roomservice’, der ihnen das Areal säubert, sie füttert und bürstet. Und die Öhrchen massiert. Und natürlich dabei nachschaut, ob sie gesund sind bzw. Wunden versorgt. So haben Sie auf alle Fälle täglich eine liebevolle Ansprache.
Zeit!
Und das 24/7/365 für die Lebensdauer eines Esels, die bei durchschnittlich 35 Jahren und mehr liegt.
Als Selbstversorgerin sind das bei mir durchschnittlich mind. 3 Stunden am Tag (an Wochentagen weniger, an Wochenenden mehr), um zu:
- misten & Mist entsorgen
- füttern
- Futter und Einstreu zu beschaffen
- Hufe zu pflegen
- Wunden zu versorgen
- Fliegenschutz morgens anziehen, morgens abziehen, am Wochenende reparieren/ nähen
- Weide zu pflegen (z.B. Litzen frei halten, Giftkräuter per Hand entfernen etc.)
- Weidezaun zu stellen/ reparieren
- Knabberholz zu finden, schneiden, packen, transportieren, lagern, verfüttern, Holzreste verarbeiten
- plus allem anderen, damit es einfach schön ist auf dem Grundstück: Blumen gießen, Reparaturen etc.
Hinzu kommt die Organisation rund um die Eselwanderungen und Eselkuschelzeiten. Das sind im Durchschnitt 7 Stunden pro Veranstaltung vom Erstkontakt über Terminfindung/-verschiebungen bis hin zur Durchführung inkl. Nachbereitung.
Geld
Neben dem zeitlichen Engagement sind die laufenden Kosten zu bestreiten:
- Futter (Heu, Stroh, Wasser, Mineralfutter u.ä.)
- Hufmesser/-raspeln/-pflegeprodukte
- Hufpfleger (alle 5 Wochen)
- Tierarzt (mind. 3x im Jahr)
- Medizin
- Weide-Zaunpfähle/-Litze/-Isolatoren, Weidezaungeräte etc.
- Paddockplatten, Sand, Weidezelt - halt alles, was einen guten Stall ausmacht
- Versicherungen: für die Tiere, für die Halter, für die Veranstalter, für das Grundstück
- Wegegeld: an die Städte, deren Wege man benutzt
- Pacht bei einem Pachtgrundstück, Kapital bei Eigentum, Grundsteuer
- Energie (z.B. für den Weidezaun)
Was heißt das in Euro?
Schwer zu sagen, und sehr abhängig von den Eigenleistungen. Wenn man alleine die tägliche Routine von 3 Stunden pro Tag theoretisch mit 15 € berechnen würde (dafür kommt aber keiner!), wären das 16.425 € nur für die Routinepflege. Alles andere käme noch hinzu.
Wer diesen Gedanken weiterspinnt, kann ja mal spekulieren, was eine Eselwanderung kosten müsste, wenn ein Eselbesitzer seine Kosten decken oder etwa selbst davon leben wollte ;-). Man merkt schnell: Einen wirtschaftlich gerechneten Preis würde keiner bezahlen können. Deshalb lebe ich von meiner Arbeit als selbständige Beraterin und Coach (www.change-compass.de)
Davon leben zu können, ist zum Glück NICHT meine Motivation. Gleichzeitig erhebe ich einen Preis, der so gestaltet ist, dass ich am Ende des Jahres nicht selbst Geld dafür drauflege, dass andere bei mir eine schöne Zeit verbringen können. Und meine Tiere werden nicht durch zu viele Veranstaltungen gestresst, sondern bekommen nur die Anzahl an Besuchen, die für sie eine positive Abwechslung bedeuten.
Stella, Diego und Coralie führen kein Leben als Nutztiere, sondern als tierische Familienmitglieder.